Ein:e Arbeitgeber:in beschäftigt mich
…ich arbeite als unselbstständige:r Arbeitnehmer:in
Ein Arbeitsvertrag (ein anderes Wort dafür: Dienstvertrag) kann befristet oder unbefristet geschlossen werden.
Als Arbeitnehmer:in schuldest du deinem/deiner Arbeitgeber:in nur deine sorgfältige Arbeitsleistung. Einen bestimmten Erfolg, wie beim Werkvertrag, musst du nicht erbringen.
Um zu wissen, ob du als unselbstständige:r Dienstnehmer:in arbeitest, musst du prüfen, ob du in persönlicher Abhängigkeit arbeitest. Das bedeutet, dass nicht du, sondern dein:e Arbeitgeber:in über Arbeitsort, Arbeitszeit und dein arbeitsbezogenes Verhalten entscheidet. Folgende Merkmale sind dabei entscheidend:
- Du bist in die betriebliche Organisation und dort herrschende Hierarchie deines/deiner Arbeitsgeber:in eingegliedert
- Dein:e Arbeitgeber:in kann dir Anweisungen erteilen; du musst sie befolgen (Weisungsgebundenheit)
- Du bist zur persönlichen Tätigkeit verpflichtet und kannst dich nicht selbstständig vertreten lassen (persönliche Leistungspflicht)
- Dein:e Arbeitgeber:in kann kontrollieren, ob und in welcher Form du deine Arbeit ausführst (Kontrollunterworfenheit)
- Du hast als Arbeitnehmer:in disziplinäre Verantwortung
Die Merkmale können verschieden stark ausgeprägt sein. Es handelt sich um ein bewegliches System. Wichtig ist, ob in der Gesamtbetrachtung die persönliche Abhängigkeit überwiegt.
Somit kann bei einem Dienstverhältnis zum Beispiel freie Zeiteinteilung oder das Arbeiten von Zuhause vereinbart werden. Wenn Arbeitnehmer:innen sich aber generell vertreten lassen können und diese Möglichkeit auch in Anspruch nehmen, handelt es sich jedenfalls nicht um ein Dienstverhältnis, weil die persönliche Abhängigkeit zur Gänze fehlt.
Wenn Künstler:innen, wie Sänger:innen, Musiker:innen oder Schauspieler:innen
- nach festgelegten Proben- und Spielplänen tätig werden;
- sich für eine Spielsaison verpflichten;
- an Weisungen der Regisseur:innen oder der Dirigent:innen in Bezug auf die Anzahl der Proben, die Probenzeit, sowie
- an die Art der Arbeitsleistung gebunden sind,
handelt es sich regelmäßig um einen Dienstvertrag.
Aus diesen Gründen sind Orchester-, Chor- sowie Ballettensemblemitglieder, die regelmäßig an derselben Spielstätte arbeiten, grundsätzlich als echte Dienstnehmer:innen zu qualifizieren. Auch Musiker:innen, die für einen Zeitraum von drei Monaten in einem Ferienclub mehrmals pro Woche für die Abendgestaltung mit teils vorgegebenem Repertoire zuständig sind, sind als echte Dienstnehmer:innen zu qualifizieren.
Beispiel: Du arbeitest als Schauspieler:in in einem Theater. Du musst von Februar bis Juni zu bestimmten Zeiten zu Proben und Aufführungen erscheinen und dich an inhaltliche Anweisungen der Regisseurin halten. Du bist unselbstständige Dienstnehmer:in auf Arbeitsvertragsbasis und daher unselbstständig berufstätig.
Beispiel: Du bist Autor:in und wirst im Künstlerhaus am 28.02. für eine Lesung aus deinem Roman engagiert. Hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Lesung bist du frei (welche Passagen du liest und wie du diese vorträgst). Obwohl Ort und Zeit genau definiert sind, findet keine Eingliederung in den Betrieb statt. Dein:e Auftraggeber:in kann dir höchstens sachliche, aber keine inhaltlichen Weisungen erteilen. Es liegt kein Arbeitsvertrag, sondern ein Werkvertrag vor. Du bist daher selbstständig berufstätig.
Arbeitsrechtliche Ansprüche
Künstler:innen und in der Kultur tätige Personen in unselbstständigen Arbeitsverhältnissen unterliegen grundsätzlich den arbeitsrechtlichen Gesetzen.
Für bestimmte Branchen gibt es spezielle arbeitsrechtliche Gesetze. Zum Beispiel gelten für Personen, die in Theatern arbeiten, spezielle Arbeitszeitregelungen. Diese sind im Theaterarbeitsgesetz (TAG) geregelt. Hierzu hat die Interessengemeinschaft (IG) Freie Theaterarbeit im Jahre 2015 eine Infobroschüre veröffentlicht.
Wenn für die Branche, in der Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen arbeiten, ein Kollektivvertrag besteht, dann sind die dort festgelegten Mindeststandards einzuhalten.
- In Österreich gibt es keinen gesetzlichen Mindestlohn. Stattdessen verhandeln die Interessenvertretung der Arbeitnehmer:innen der jeweiligen Branche (Gewerkschaften) mit der Interessenvertretung der Arbeitgeber:innen. In diesen Verhandlungen einigen sie sich auf einen Kollektivertrag für eine jeweilige Branche. Darin werden Mindeststandards – und auch ein Mindestlohntarif – für die Branche festgelegt: unabhängig der Staatsbürger:innenschaft oder einer etwaigen Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft. Welcher Kollektivvertrag anzuwenden ist, hängt daher nicht alleine von der Tätigkeit, sondern der Branchenzugehörigkeit und damit der Gewerbeberechtigung der Arbeitgeber:innen ab.
- Für viele (kleinere) Organisationen (zB Kulturvereine) sind jedoch keine Kollektivverträge anwendbar. Für sie bestehen deswegen keine Mindeststandards. Aus diesem Grund wurde in den letzten Jahren großes Augenmerk auf die Entwicklung von eigenen Fair-Pay-Systemen für den Kulturbereich gelegt. Für die Anstellung in unterschiedlichen Kunstgattungen wurden Richtlinien erarbeitet, wie Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen fair entlohnt werden sollen. Besuche für detaillierte Informationen die Webseite des österreichischen Kulturrates oder der Interessensgemeinschaft für Kultur.
- Der/die Arbeitgeber:in muss den im Betrieb geltenden Kollektivvertrag auflegen. Unter diesem Link findest du alle relevanten Kollektivverträge für künstlerisches Arbeiten in Österreich. Im Folgenden eine Übersicht der wichtigsten Kollektiverträge für Künstler:innen:
Zusätzlich können Mindeststandards auch in Betriebsvereinbarungen festgelegt werden. Eine Betriebsvereinbarung ist eine Vereinbarung zwischen dem Betrieb, in dem du arbeitest, und dem dortigen Betriebsrat. Dieser seitens der Arbeitnehmer:innen gewählt und vertritt ihre betrieblichen Interessen gegenüber den Arbeitgeber:innen.
Wie deine arbeitsrechtlichen Ansprüche im Detail geregelt sind, hängt somit davon ab, ob auf dein Arbeitsverhältnis spezielle Arbeitsgesetze anwendbar sind, ob für deine Branche ein Kollektivertrag existiert und ob dein Betrieb eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen hat. Typischerweise hast du Anspruch auf folgende Leistungen:
- Mindestentgelt
- Überstundenzuschläge
- Sonderzahlungen
- Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
- Feiertagsentgelt
- Urlaub und Urlaubsentgelt
…ich arbeite als freie:r Dienstnehmer:in
Der freie Dienstvertrag ist nicht in einem Gesetz definiert, allerdings ist er praktisch als Mischform zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag einzuordnen. Der Unterschied zu Dienstnehmer:innen besteht darin, dass du als freie:r Dienstnehmer:in deine Arbeit persönlich unabhängig erbringst.
Im Unterschied zum Werkvertrag bist du nicht zur Erbringung eines bestimmten einmaligen Erfolges verpflichtet, sondern zur sorgfältigen auf Dauer angelegten Arbeitsleistung.
Darüber hinaus kannst du den Ablauf der Arbeit aber – anders als beim Dienstvertrag - weisungsungebunden und selbständig regeln. Merkmale der Dienstleistung ohne persönlicher Abhängigkeit sind:
- Unabhängigkeit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Verhalten bei der Arbeit
- keine Kontrollbefugnisse der Arbeitgeber:innen
- Nur lose Eingliederung in den Betrieb
- Du kannst dich vertreten lassen
- Du kannst Arbeiten ablehnen
Beispiel: Du bist Lektor:in oder Dramaturg:in und kannst ohne Einhaltung von festen Arbeitszeiten oder Arbeitsort im Vorhinein ein umschriebene Leistungen erbringen, die durch jeweiligen Auftrag abgerufen werden.
Arbeitsrechtliche Ansprüche
Beim Abschluss eines freien Dienstvertrags gilt Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass Vertragsbedingungen und Sonderleistungen frei ausverhandelt werden können.
Achtung: Es gibt für freie Dienstverträge keine Kollektiverträge und auch Betriebsvereinbarungen kommen nicht zur Anwendung.
Als freie:r Dienstnehmer:in hast du keine Ansprüche aus arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Du hast daher keinen Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, kollektivvertraglichen Lohn oder Sonderzahlungen. Diese Leistungen können aber vertraglich vereinbart werde.
- Erhältst du keinen schriftlichen (freien) Dienstvertrag und beträgt die Tätigkeit mehr als einen Monat ist dein:e Arbeitgeber:in dazu verpflichtet dir mit Beginn der Tätigkeit einen Dienstzettel auszuhändigen, der alle wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis enthält.
- Dein:e Arbeitgeber:in hat einen monatlichen Betrag für dich in eine Mitarbeitervorsorgekasse einzuzahlen („Abfertigung neu“). Diese angesparten Beträge werden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt. Dabei ist gleichgültig, durch wen und aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis beendet wird.
- Für Schwangere und Mütter gelten die Beschäftigungsverbote Mutterschutzgesetz (MSchG).
Sofern du und dein:e Arbeitgeber:in keine Vereinbarung zu den Kündigungsfristen getroffen habt, kommen die Kündigungsbestimmungen für Angestellte zur Anwendung:
- Seitens des/der Arbeitgeber:in kann das Vertragsverhältnis (wenn nicht eine für den/die freie Dienstnehmer:in günstigeren Vereinbarung getroffen wurde) zum Quartal gekündigt werden. Eine Kündigung zum 15. des Monats oder zum Monatsletzten kann vereinbart werden.
- Die durch den/die Arbeitgeber:in einzuhaltende Kündigungsfrist verlängert sich mit der Dauer des freien Dienstverhältnisses. Im 1. und 2. Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist sechs Wochen, ab dem 3. Dienstjahr zwei Monate, ab dem 6. Dienstjahr drei Monate, ab dem 16. Dienstjahr vier Monate und ab dem 26. Dienstjahr fünf Monate. Diese Fristen muss der/die Arbeitgeber:in einhalten.
- Als freie:r Dienstnehmer:in kannst du das Dienstverhältnis unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum Letzten eines jeden Kalendermonats kündigen.
- Liegt ein wichtiger Grund vor, kannst du deinen freien Dienstvertrag jederzeit ohne Kündigungsfrist auflösen.
Achtung: Freie Dienstnehmer:innen sind wie unselbstständige Dienstnehmer:innen in der Pensions-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. Dies gilt jedoch nicht für freie Dientsnehmer:innen, die im Wesentlichen mit eigenen Betriebsmittel arbeiten (dies trifft auf viele Künstler:innen zu) und demnach als „Neue Selbstständige“ versichert sind. Eine Ausnahme besteht außerdem für Künster_innen iSd Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes. Siehe dazu das Kapitel Sozialversicherung.