In der Europäischen Union
Wie bereits zum Kapitel zum Urheberrecht in der Europäischen Union angekündigt, hat die Europäische Union Grundprinzipien im Bereich des Urheberrechtes entwickelt.
Urheberrechtliche Grundprinzipien
Immer wenn das Recht eines EU/EWR-Landes anzuwenden ist, gelten die folgenden Grundprinzipien:
- Kunstwerke von EU/EWR-Bürger:innen werden in anderen EU/EWR-Staaten unter denselben Voraussetzungen wie die Kunstwerke der jeweiligen Staatsbürger:innen geschützt. Der Umfang des Schutzes hängt immer von den Urheberrechtsgesetzen des konkreten EU/EWR-Landes ab.
- Inwiefern Kunstwerke von Drittstaatsangehörigen in anderen EU/EWR-Ländern geschützt sind, hängt von den Urheberrechtsgesetzen der jeweiligen Länder ab. Hier kommt es vor allem darauf an, ob das jeweilige EU/EWR-Land mit deinem Herkunftsstaat ein internationales Abkommen im Bereich des Urheberrechts abgeschlossen hat.
- In urheberrechtlichen Verträgen ist es immer möglich, einvernehmlich zu entscheiden, dass das Recht eines bestimmten Staates auf den Vertrag anzuwenden ist. Treffen Urheber:innen in ihren Verträgen keine Rechtswahl, gilt nach der Rom I Verordnung das Recht des Staates, in dem die für den Vertrag charakteristische Leistung erbracht wurde oder zu dem der Vertrag die engste Verbindung ausweist (siehe dazu das Beispiel unten).
- In allen Mitgliedsstaaten sind bestimmte Nutzungen von urheberrechtlich geschützten Werken ohne Zustimmung der Urheber:innen möglich (freie Werknutzungen). Welche das im Detail sind, hängt jedoch von den Gesetzen der einzelnen Mitgliedsstaaten ab. Meistens ist die Nutzung im Bereich der Wissenschaft, der Satire oder zu ausschließlich privaten Zwecken zulässig.
- Die EU hat Grundregeln für Verwertungsgesellschaften erlassen. Verwertungsgesellschaften dienen dazu, die Interessen (wie zB die Vergütung, Rechtsdurchsetzung, Verbreitung der Kunstwerke) von Urheber:innen wahrzunehmen. Jedes Mitgliedsland hat im Bereich einer bestimmten Kunstgattung nur eine Verwertungsgesellschaft (Monopolprinzip). Siehe dazu das Kapitel zu Verwertungsgesellschaften (siehe unten).
- Prinzip der Europaweiten Erschöpfung. Wenn ein:e Urheber:in einer anderen Person die Veröffentlichung seines/ihres Kunstwerkes in einem EU/EWR-Land erlaubt, und wurde das Werk dort tatsächlich veröffentlicht, dann darf das Werk automatisch auch in allen anderen EU/EWR-Ländern veröffentlicht werden.
Beispiel: Du bist italienische Autor:in und erteilst einem belgischen Verlag mit Sitz in Brüssel die Nutzungsrechte an deinem neuen Roman für das belgische Staatsgebiet. Dein Buch wird in Belgien gedruckt, vermarktet und verkauft. Auf den Verlagsvertrag ist belgisches Recht anzuwenden, weil der Erfüllungsort in Belgien ist und die engste Verbindung zu Belgien besteht.
Achtung: Unter welchen Voraussetzungen ein Werk urheberrechtlich geschützt ist und welche Verwertungsarten Urheber:innen zukommen, unterscheidet sich von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat. Du solltest dich, je nachdem wo du künstlerisch aktiv bist, über die jeweiligen nationalen Regelungen informieren.
Für die Beantwortung folgender Fragen musst du die Urheberrechtsgesetze des jeweiligen EU/EWR-Landes überprüfen, in dem du deine Kunst verwertest, in dem in dein Urheberrecht eingegriffen worden ist oder das Recht jenes EU/EWR-Staates, dessen Anwendung du in einem Vertrag über die urheberrechtliche Verwertung deiner Werke vereinbart hast:
- Wer ist Urheber:in eines Kunstwerkes?
- Welche Verwertungsrechte stehen Urheber:innen zu?
- Welche Verwertungsrechte können Urheber:innen anderen Personen nicht untersagen?
- Wie können sich Urheber:innen gegen Urheberrechtsverletzungen wehren?
To do: Informiere dich, ob dein Herkunftsland mit dem Land, in dem du deine Kunstwerke wirtschaftlich verwerten möchtest, ein Abkommen geschlossen hat.
Wahrnehmung von Rechten durch Verwertungsgesellschaften
Die EU hat eine Richtlinie erlassen, um die Regelungen zu Verwertungsgesellschaften zu vereinheitlichen. Verwertungsgesellschaften dienen dazu, die Interessen (wie zB die Vergütung, Rechtsdurchsetzung, Verbreitung von Kunstwerken) von Urheber:innen und Leistungsschutzberechtigten bestimmter Kunstgattungen kollektiv wahrzunehmen.
Info: Leistungsschutzberechtigte sind keine Urheber:innen, aber ihnen kommen ähnliche Rechte zu. Dazu gehören vor allem ausübende Künstler:innen und Personen, deren künstlerische Produktionen kein Urheberrechtsschutz zukommt. Siehe dazu das Kapitel Leistungsschutzrechte.
Künstler:innen übertragen Verwertungsgesellschaften ihre Verwertungsrechte und diese kümmern sich um deren Verwertung. Jedes Mitgliedsland hat im Bereich einer bestimmten Kunstgattung nur eine Verwertungsgesellschaft (Monopolprinzip).
Beispiel: In Deutschland nimmt die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst die Interessen von Bildenden Künstlern wahr, während es in Österreich die Verwertungsgesellschaft Bildrecht macht und in Norwegen die Bono Opphavsrett.
Wenn Nutzer:innen leistungsschutzrechtlich oder urheberrechtlich geschützte künstlerischen Produktionen verwenden möchten, wenden sie sich an die Verwertungsgesellschaft. Diese erteilt ihnen die Werknutzungsbewilligung.
Das ist sowohl für Nutzer:innen, als auch für Urheber:innen und Leistungsschutzberechtigte von Vorteil. Verwertungsgesellschaften schließen mit ihren Mitgliedern einheitliche Verträge und vergeben die Werknutzungsbewilligungen für das gesamte Repertoire der Künstler:innen zu festen Tarifen.
Verwertungsgesellschaften erfüllen auch den Zweck einer Interessensvertretung. Verwertungsgesellschaften unterschiedlicher Länder schließen Gegenseitigkeitsverträge, damit die jeweils andere Verwertungsgesellschaft auch das Repertoire ausländischer Künstler:innen im eigenen Land verwerten kann.
Beispiel: Du bist Sängerin in Portugal und hast ein ganzes Repertoire an Songs. Du beauftragst eine portugiesische Verwertungsgesellschaft, deine Rechte wahrzunehmen. Deine portugiesische Verwertungsgesellschaft hat Gegenseitigkeitsverträge mit allen entsprechenden Verwertungsgesellschaften innerhalb der EU/des EWR geschlossen. Deine Songs können daher auch über die ausländischen Verwertungsgesellschaften an Nutzer:innen in allen anderen EU/EWR-Ländern verwertet werden.
Da Verwertungsgesellschaften nicht nur innerhalb der EU/des EWR, sondern auch mit Verwertungsgesellschaften in Drittstaaten Gegenseitigkeitsverträge schließen, sind viele Verwertungsgesellschaft praktisch Rechteinhaberinnen des gesamten Weltrepertoires. Sie haben bei Tarifverhandlungen eine starke Position und könnten sich für eine angemessene Vergütung von Urheber:innen einsetzen.
Wenn Künstler:innen ihre Rechte nicht durch Verwertungsgesellschaften wahrnehmen lassen, müssten Nutzer:innen für jedes Werk, das sie verwenden möchten, die Künstler:innen kontaktieren. Außerdem müssten Urheber:innen immer selbst kontrollieren, ob jemand ihre Werke unerlaubt verwendet. Aufgrund der Vielzahl der Werknutzungen wäre dies für beide Seiten kaum möglich.
To do: Du solltest selbst die Nutzungen deiner Werke kontrollieren und eine unerlaubte Nutzung deiner Verwertungsgesellschaft bekanntgeben. Kontrolliere, ob du in der Abrechnung der Verwertungsgesellschaft dir bekannte, aber fehlende Nutzungen findest. Finden sich Fehler in der Abrechnung, kannst du diese innerhalb einer bestimmten Frist bei der Verwertungsgesellschaft reklamieren.
Es gibt wenige Ausnahmen, in denen Künstler:innen ihre Rechte nicht selbst wahrnehmen können und zur Wahrnehmung daher einen Vertrag mit den Verwertungsgesellschaften abschließen müssen.
Beispiel: Vergütungsansprüche wie die Pauschalabgabe der Speichermedienvergütung kann ausschließlich von der Verwertungsgesellschaft an Urheber:innen ausbezahlt werden. Um diese Vergütung zu erhalten, müssen Urheber:innen sich zwingend an eine Verwertungsgesellschaft wenden.