…und ich habe die Staatsangehörigkeit eines anderen EU/EWR-Landes oder der Schweiz
Grundprinzipien grenzüberschreitender Sozialversicherung
Die nationalen Sozialversicherungssysteme der EU/EWR-Mitgliedsstaaten und der Schweiz arbeiten unter anderem in folgenden Versicherungszweigen zusammen:
- Krankheit & Unfall
- Elternschaft
- Pension und Todesfälle
- Arbeitslosigkeit
Achtung: Im Bereich des Sozialhilfegelds (in Österreich: Mindestsicherung) und dem Krankengeld bei besonders langer Arbeitsunfähigkeit arbeiten die Mitgliedsländer nicht zusammen.
In jenen Bereichen, in denen die Sozialversicherungssysteme koordiniert worden sind, gelten innerhalb der EU/EWR und der Schweiz unabhängig vom Grund oder der Dauer deines Aufenthalts Grundprinzipien, die grenzüberschreitenden Sozialversicherungsschutz garantieren:
- Du hast gleichen Zugang zu Versicherungsleistungen, wie Staatsbürger:innen des Landes, in dem du versichert bist. Du darfst nicht diskriminiert werden.
- Deine Versicherungs-, Aufenthalts- und Beschäftigungszeiten werden von allen Ländern innerhalb der EU/EWR und der Schweiz gegenseitig anerkannt und zusammengerechnet.
- Das ist deshalb wichtig, weil du in den meisten Ländern typischerweise für den Erhalt von Versicherungsleistungen zumindest eine bestimmte Zeit sozialversichert gewesen sein musst.
- Möchtest du in einem Land Versicherungsleistungen beziehen und musst du dafür Mindestversicherungszeiten erfüllen, werden diese auch berücksichtigt, wenn du sie in einem anderen EU/EWR-Land oder der Schweiz erworben hast.
- Du bist in dem Land versichert, in dem du berufstätig bist. Das gilt auch, wenn du in einem Mitgliedstaat wohnst und in einem anderen arbeitest oder wenn der Sitz deines/deiner Arbeitgeber:in in einem anderen Mitgliedstaat ist (Ausnahme: Entsendungen)
- Du unterliegst immer nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates. Das gilt auch wenn du in mehreren Staaten berufstätig bist.
Achtung: Es gibt eine Ausnahme zu der Grundregel, dass du immer dort versichert bist, wo du arbeitest. Wenn dein:e Arbeitgeber:in dich befristet in ein anderes EU/EWR-Land oder in die Schweiz entsendet, bleibst du in deinem Entsendestaat versichert. Siehe dazu im folgenden Unterkapitel.
Beachte, dass jedes Land andere Gesetze zu Art, Umfang und Erwerb von Versicherungsleistungen hat. Informiere dich daher über den Leistungsumfang und die Versicherungsvoraussetzungen deines Ziellands.
Achtung: Wenn du in einem Drittstaat gearbeitet hast – egal welche Nationalität du hast – werden deine dort erworbenen Versicherungszeiten in anderen Ländern nur anerkannt, wenn zwischen dem Drittstaat und dem anderen Land ein Abkommen zur Anerkennung ausländischer Versicherungszeiten besteht.
Vorübergehende Entsendung in ein anderes EU/EWR-Land oder der Schweiz
Wenn du in einem EU/EWR-Mitgliedsland oder der Schweiz angestellt bist – also unselbstständig arbeitest – kann dich dein:e Arbeitgeber:in unter bestimmten Voraussetzungen für höchstens 24 Monate in ein anderes EU/EWR-Land oder der Schweiz entsenden, damit du dort arbeitest. Siehe dazu im Kapitel Arbeitsrecht den Abschnitt zur Entsendung Unselbstständiger.
Wenn du in einem EU/EWR-Land oder der Schweiz selbstständig erwerbstätig bist, kannst du dich selbst für höchstens 24 Monate in eines der anderen Länder entsenden, um dort zu arbeiten. Das ist jedoch nur dann zulässig, wenn du in deinem Zielland eine ähnliche Tätigkeit ausüben wirst. Siehe dazu das Kapitel Arbeitsrecht und den Abschnitt zur Entsendung Selbstständiger.
Für den Zeitraum deiner Entsendung ist weiterhin die Sozialversicherung deines Entsendestaats für dich zuständig.
To do: Bevor du als unselbstständig Tätige:r entsendest wirst oder du dich als Selbstständige:r selbst entsendet, müssen du oder dein:e Arbeitgeber:in das Formular A1 ausfüllen und es der Sozialversicherung in deinem Heimatstaat übermitteln.
Folgende Voraussetzungen musst du für die Entsendung erfüllen:
- Du musst unmittelbar vor der Entsendung mindestens einen Monat den Rechtsvorschriften deines Entsendestaats unterlegen sein. Ob und wie du in diesem Zeitraum versichert warst, ist nicht relevant. Du kannst daher pflichtversichert, freiwillig versichert, mitversichert oder gar nicht versichert gewesen sein.
- Deine organisatorische und arbeitsrechtliche Bindung bleibt in deinem Entsendestaat aufrecht. Das bedeutet, dass du nach deiner Rückkehr in deinem Entsendestaat sofort bei deinem/deiner Arbeitgeber:in oder als Selbstständige:r weiterarbeiten kannst.
Eine Entsendung liegt auch vor, wenn dein:e Arbeitgeber:in dich sofort nach deinem Dienstantritt in ein anderes Land entsendet. Wichtig ist nur, dass du zuvor mindestens ein Monat den Gesetzen des Entsendestaats unterlegen bist.
Info: Seit 2011 gelten die Regelungen für die Entsendung auch für Drittstaatsangehörige, die sich innerhalb der EU/des EWR rechtmäßig aufhalten und versichert sind.
Ich pendle zwischen EU/EWR-Ländern und/oder der Schweiz: Ich bin Grenzgänger:in
Arbeitest du gleichzeitig in zwei oder mehreren Staaten oder arbeitest du in einem Staat und lebst du in einem anderen, nennt man dich „Grenzgänger:in”. Um als Grenzgänger:in zu gelten, musst du mindestens einmal in der Woche in ein anderes Mitgliedsland einreisen, um dort zu arbeiten.
Beispiel: Du lebst und arbeitest in Polen. Du pendelst jedoch zusätzlich zweimal die Woche nach Tschechien, weil du dort ein künstlerisches Projekt realisierst.
Beispiel: Du lebst in Deutschland. Du pendelst viermal die Woche nach Österreich, weil du im Museum für Moderne in Salzburg angestellt bist.
Du bist in dem Land sozialversichert, in dem du arbeitest. Wenn du in unterschiedlichen Ländern arbeitest, bist du in jenem Land sozialversichert, in dem du mehr arbeitest, deine Berufstätigkeit also stärker ausgeprägt ist. Ob deine Tätigkeit stark genug ausgeprägt ist, entscheidet dein potenzieller Versicherungsträger.
Wenn du jedoch in einem Land unselbstständig arbeitest, und in einem anderen selbstständig arbeitest, bist du nach dem Recht des Staates versichert, in dem du unselbstständig arbeitest.
Grenzgänger:innen können sowohl in dem Land, in dem sie leben, als auch in den Ländern, in denen sie arbeiten, medizinische Leistungen zu denselben Bedingungen wie andere Versicherte in dem jeweiligen Land in Anspruch zu nehmen.
To do: Um medizinische Leistungen in deinem Wohnsitzstaat in Anspruch nehmen zu können, musst du das S1-Formular ausfüllen und bei deinem Versicherungsträger einreichen. Dieses stellen dir die Sozialversicherungen der Länder, in denen du arbeitest, zur Verfügung. In Österreich nennt man das S1-Formular auch Wohnsitzbescheinigung.
Möchtest du beruflich in die Schweiz pendeln, gilt folgende Besonderheit: Dein:e Arbeitgeber:in muss für dich die Ausstellung einer Grenzgängerbewilligung beantragen.
Versicherungsleistungen
Für den Anspruch grenzüberschreitender Versicherungsleistungen gelten bestimmte Grundregeln, die dir in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden.
Krankheit und Unfall
Wenn du in dem EU/EWR-Land oder der Schweiz versichert bist und dort medizinische Leistungen in Anspruch nimmst, werden diese durch deinen dort ansässigen Sozialversicherungsträger abgerechnet.
Wenn du jedoch in einem EU/EWR-Land oder der Schweiz medizinische Leistungen in Anspruch nimmst, in dem du nicht versichert bist, ist das unter Vorlage der Europäischen Krankenversicherungskarte (e-card) möglich.
Diese musst du bei deinem Arztbesuch vorlegen und in den meisten Fällen besondere Formulare ausfüllen. Auf diese Weise kannst du medizinische Leistungen zu denselben Bedingungen in Anspruch nehmen wie Personen, die in dem Land versichert sind. Dies gilt für kurzfristige und längerfristige Arbeitsverhältnisse im europäischen Ausland.
Achtung: Verbindliche Informationen zum Krankenversicherungsschutz im Ausland müssen bei der jeweils zuständigen Krankenversicherungsanstalt eingeholt werden.
In vielen Mitgliedsstaaten musst du zumindest einen Teil der Kosten zunächst selbst zahlen. Diese Rechnungen kannst du im Anschluss bei deinem Sozialversicherungsträger einreichen. Wie viel Geld du zurück bekommst, ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich: Die Tarife für ärztliche Behandlungen und der Leistungsumfang der Sozialversicherungssysteme sind sehr unterschiedlich. Behandlungen, die in deinem Land kostenlos sind, musst du in anderen Ländern eventuell bezahlen.
Achtung: Wenn du Grenzgänger:in bist, solltest du vorab das S1-Formular ausfüllen und bei deinem Sozialversicherungsträger einreichen.
Pension
Die Voraussetzungen, um in einem EWR/EU-Land oder der Schweiz, um Pensionsleistungen in Anspruch nehmen zu können, richten sich nach den jeweiligen nationalen Vorschriften (zB Pensionsantrittsalter).
Um in einem Land eine Pensionsleistung in Anspruch nehmen zu können, musst du typischerweise für eine bestimmte Mindestzeit in dem Land pensionsversichert gewesen sein. Da die unterschiedlichen Versicherungssysteme der EU/EWR-Länder und der Schweiz zusammenarbeiten, anerkennen sie Versicherungszeiten, die du in anderen EU/EWR-Ländern oder der Schweiz erworben hast, gegenseitig an.
Beispiel: In Deutschland muss man mindestens 5 Jahre pensionsversichert gewesen sein, um Anspruch auf eine Alterspension zu haben. Du hast zwar in Deutschland nur 3 Jahre gearbeitet, aber dafür in Frankreich 20 Jahre gearbeitet. Da dir deine französische Versicherungszeit in Deutschland anerkannt wird, warst du aus Sicht deines deutschen Versicherungsträgers insgesamt 25 Jahre pensionsversichert. Du hast also die Mindestversicherungszeit von 5 Jahren in Deutschland erfüllt und bekommst vom deutschen Sozialversicherungsträger eine Alterspension, wenn du alle übrigen Voraussetzungen nach der deutschen Rechtsordnung erfüllst.
Wenn du in mehreren Ländern gearbeitet hast und die dort geltenden Voraussetzungen erfüllt hast, bekommst du auch mehrere Pensionen ausbezahlt. Wie hoch die jeweilige Pension ist, hängt von den pensionsrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes ab.
To do: Wegen der Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger musst du nur einen einzigen Pensionsantrag stellen. Den bringst du in deinem Wohnsitzstaat ein.
Arbeitslosigkeit
Um Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen zu dürfen, musst du in den meisten Ländern eine bestimmte Mindestzeit arbeitslosenversichert gewesen sein. Auch hier anerkennen EU/EWR-Länder und die Schweiz gegenseitig Versicherungszeiten der jeweils anderen Länder.
Wie lang deine Versicherungszeiten sein müssen und welche zusätzlichen Voraussetzungen du erfüllen musst, hängt von den Vorschriften jenes Landes ab, in dem du die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen möchtest.
Wie die Situation in Österreich ist, erfährst du im Kapitel zur Arbeitslosigkeit in Österreich.
Wenn du bereits in einem EU/EWR-Land oder der Schweiz Arbeitslosengeld erhältst, musst du dich grundsätzlich auch in diesem Land aufhalten. Grund dafür ist, dass du jederzeit bereit sein sollst, eine dir vom Arbeitslosenamt vermittelte neue Arbeit zu beginnen.
Wenn du jedoch nachweisen kannst, dass für dich realistische Chancen bestehen, in einem anderen EU/EWR-Land oder der Schweiz eine Arbeit zu finden, darfst du dich für maximal drei Monate im Ausland aufhalten, ohne deinen Leistungsanspruch zu verlieren. Auf deinen Antrag hin kann die das Arbeitslosengeld auszahlende Behörde dein Bezugsrecht auf weitere 3 Monate verlängern.
To do: Nehme Kontakt mit der Behörde auf, die deinen Arbeitslosenbezug auszahlt und reiche das U2-Formular ein.