Soziale Notlagen
In Österreich werden Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen auch in sozialen Notlagen finanziell unterstützt. Zu diesem Zweck werden sie von Gebühren befreit, bekommen finanzielle Zuschüsse oder regelmäßige Geldleistungen.
In dem folgenden Abschnitt erhältst du einen Überblick über diese Versicherungsleistungen.
Notstandshilfe
Hast du deinen Anspruch auf Arbeitslosengeld schon aufgebraucht, kannst du unter bestimmten Voraussetzungen Notstandshilfe beziehen. Die Notstandshilfe wird dir monatlich ausbezahlt und soll dich bei der Finanzierung deines Lebensunterhalts unterstützen. Folgende Voraussetzungen musst du dafür erfüllen:
- Du bist beim AMS arbeitslos gemeldet;
- Du hast vorher Arbeitslosengeld bezogen aber deinen Anspruch aufgebraucht;
- Du bist arbeitswillig- und fähig;
- Du befindest dich in einer Notlage, kannst daher deinen notwendigen Lebensunterhalt durch ein regelmäßiges Einkommen nicht finanzieren.
Beispiel: Du bist Tänzer:in an der Wiener Staatsoper und wirst gekündigt. Du erhältst Arbeitslosengeld. Es gelingt dir nicht, ein neues Engagement zu finden und auch deine Bemühungen um berufliche Alternativen zeigen keinen Erfolg. Dein Anspruch auf Arbeitslosengeld ist mittlerweile schon aufgebraucht und du hast keine anderen finanziellen Mittel, um deinen Lebensunterhalt finanzieren zu können. Du lebst in einer Eigentumswohnung. Du kannst Notstandshilfe beziehen.
Ob du über andere Vermögenswerte verfügst – zB eine Eigentumswohnung oder ein wertvolles Auto – ist für die Gewährung der Notstandshilfe irrelevant. Wichtig ist nur, dass du kein regelmäßiges Einkommen hast, um deinen Lebensunterhalt zu finanzieren.
Info: Denn bei anderen Unterstützungsleistungen wie der bedarfsorientierten Mindestsicherung müssen Antragsteller ihre Vermögenswerte verwerten.
Die Höhe der Notstandshilfe hängt davon ab, wie hoch dein vorheriges monatliches Einkommen und dein Arbeitslosengeld waren und wie lange du Arbeitslosengeld bezogen hast. Umso länger du bereits Arbeitslosengeld bezogen hast, umso geringer wird deine Notstandshilfe sein. Es werden dir maximal zwischen 92 % und 95 % deines vorher bezogenen Arbeitslosengeldes gewährt.
Notstandshilfe wird dir für die Dauer deiner Notlage gewährt und kann dir daher auch für lange Zeiträume zustehen. Aber: nach 12 Monaten musst du einen neuen Antrag einbringen und das AMS prüft, ob deine Notlage immer noch aufrecht ist. Nur dann bekommst du für weitere 12 Monate Notstandshilfe.
To do: Stelle einen neuen Antraf auf Notstandshilfe, wenn du dich nach 12 Monaten weiterhin in der Notlage befindest.
Info: Du darfst wie auch beim Arbeitslosengeld parallel zur Notstandshilfe zusätzlich ein Einkommen aus selbstständiger oder unselbstständiger Tätigkeit bis zur Geringfügigkeitsgrenze beziehen. Siehe dazu das Kapitel über den Zuverdienst beim Arbeitslosengeld. Die Ausführungen dort gelten auch für die Notstandshilfe.
Gebührenbefreiung
Wenn dein Einkommen sehr gering ist und du dich in einer schweren familiären oder gesundheitlichen Situation befindest bzw. ein geringes Einkommen hast, kannst du bei deiner Sozialversicherung die Befreiung folgender Gebühren beantragen:
- Du beantragst die Rezeptgebührenbefreiung: Wenn du in der Apotheke verschriebene Medikamente kaufst, musst du keine Rezeptgebühr zahlen.
- Du beantragst die Befreiung vom Selbstbehalt: Wenn deine Sozialversicherung bei Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen die Zahlung von Selbstbehalten vorschreibt (zB die SVS), kannst du eine Befreiung beantragen.
Unabhängig von deiner Einkommenshöhe hat die SVS ein System eingeführt, um ihre Versicherten zu gesundheitlicher Prävention zu motivieren. Auf diese Weise kannst du den deinen Selbstbehalt für ärztliche Leistungen unabhängig von deinem Einkommen auf 10% verringern.
Heizkostenzuschuss für Selbstständige
Wenn du selbstständig erwerbstätig bist und bei der SVS versichert bist, kannst du einen finanziellen Zuschuss für deine Heizkosten beantragen.
To do: Reiche bis spätestens Mitte März einen formlosen Antrag für die nachträgliche Unterstützung bei den Heizkosten des vergangenen Winters ein.
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist für Personen vorgesehen, die nicht ausreichend finanzielle Mittel haben, um ihren Lebensunterhalt und den ihrer Angehörigen zu finanzieren und weder Arbeitslosengeld noch Notstandshilfe beziehen können.
Achtung: Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben, dürfen erst nach einem ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich von 5 Jahren bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen.
Unter folgenden Voraussetzungen hast du Anspruch auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung:
- Du hast kein Vermögen, dass du verwerten könntest, um deinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Hast du zB ein Auto oder eine Wohnung, müsstest du diese verkaufen und zunächst von dieser Einkunft leben.
- Wenn du arbeitsfähig bist, musst du dich beim AMS melden und jederzeit zur Aufnahme einer Arbeit bereit sein. Wenn das AMS dir eine zumutbare Arbeit anbietet, und du sie nicht annimmst, wird dir die Mindestsicherung bis zur Hälfte gestrichen. Von dieser Regelung sind folgende Personen ausgenommen:
- Personen, die bereits das Pensionsantrittsalter erreicht haben;
- Personen, die unter 3-jährige Kinder betreuen und keiner Beschäftigung nachgehen können, weil ihre Kinder nicht anders betreut werden könnten;
- Personen, die ihre pflegebedürftigen Angehörigen ab der Pflegegeldstufe 3 überwiegend betreuen;
- Personen, die Sterbebegleitung oder Begleitung von schwerstkranken Kindern leisten;
- Personen, die einer Ausbildung nachgehen, die sie vor ihrem 18. Lebensjahr begonnen haben (gilt nicht für ein Studium).
Die Höhe der Mindestsicherung wird jährlich angepasst. Im Jahr 2025 beträgt sie für Alleinstehende 1.209 Euro, für Paare 1.693 Euro.
Achtung: Solltest du parallel zur Mindestsicherung ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit oder andere staatliche Leistungen beziehen, werden dir diese von deiner Mindestsicherung abgezogen. Ein Zuverdienst ist daher – anders als beim Arbeitslosengeld, Weiterbildungsgeld und Notstandshilfe – nicht möglich.
Unterstützungsfonds des Künstlerversicherungsfonds für selbstständige Künstler:innen
Der Künstlerversicherungsfonds unterstützt selbstständig erwerbstätige Künstler:innen mit Hauptwohnsitz in Österreich durch finanzielle Zuschüsse, wenn
- sie sich vorübergehend in sozialen, familiären, gesundheitlichen Notlagen befinden und in dieser Zeit finanzielle Unterstützung brauchen oder
- unerwartet notwendige, außerordentliche Aufwendungen tätigen müssen und diese aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht selbst zahlen können.
Der Künstlerversicherungsfond hat jährlich 500.000 Euro zur Verfügung, um seine Mitglieder zu unterstützen.
To do: Um Unterstützungsleistungen aus dem KSVF zu erhalten, musst du deine Künstler:innen-Eigenschaft anerkennen lassen und einen Antrag einreichen.
Ob du einen Zuschuss bekommst, entscheidet der KSVF. Du hast – anders als bei staatlichen Leistungen – keinen Rechtsanspruch darauf.
Unterstützung von Arbeitgeber:innen, die darstellende Künstler:innen anstellen
Das IG Netz wurde im Jahr 1991 von der IG Freie Theaterarbeit eingerichtet und aus Mitteln der Kunstsektion des Bundes und einiger Bundesländer finanziert.
Das IG Netz unterstützt Theatervereine („freie Gruppen von Dienstgeber:innen im Bereich der darstellenden Kunst“) bei der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ihres künstlerischen Personals.
Voraussetzungen für die finanziellen Zuschüsse sind folgende:
- Antragsteller:in ist eine freie Gruppe, daher ein Theaterverein, der Mitarbeiter:innen anstellt;
- Der Zuschuss wird für die Sozialversicherungsbeiträge von künstlerischem Personal beantragt;
- Der Theaterverein hat innerhalb der vorangegangenen zwei Kalenderjahre oder im laufenden Kalenderjahr eine Förderung vom Bund oder einem der beteiligten Bundesländer erhalten;
- Das Bruttogehalt der künstlerischen Mitarbeiter:innen übersteigt nicht einen bestimmten, jährlich angepassten Wert.
Für die Beantragung der Unterstützungsleistungen gibt es jedes Jahr 2 Einreichtermine.
To do: Für die Monate Jänner bis Juni müssen die Anträge bis 30. September des laufenden Jahres eingereicht werden; für die Monate Juli bis Dezember ist der 28. Februar des Folgejahres Einreichschluss.
Eine Kommission im IG Netz überprüft die Anträge zweimal jährlich. Unmittelbar nach den Kommissionssitzungen, die im Regelfall Ende Mai und Ende November stattfinden, werden die zuerkannten Ansprüche an die Antragsteller:innen überwiesen.
Unter diesem Link findest du Details über Vergabe der Zuschüsse und unter diesem Link findest du Informationen zum IG Netz im Allgemeinen.
Info: Selbständige Musiker:innen, Komponist:innen und Textautor:innen musikalischer Werke erhalten vom Verein zur Unterstützung und Förderung österreichischer Musikschaffender (SFM) Zuschüsse zu ihren Sozialversicherungsbeiträgen. Detaillierte Informationen bietet die Musikergilde.